Presseartikel vom 18. April 2024 im Schlei - Boten der SHZ
Kommentar vom 18. April 2024 im Schlei - Boten der SHZ
Leserbriefe vom 18. April 2024 und 26. Juni im Schlei - Boten der SHZ
Einsatz für Demokratie
Sozialausschuss halbiert beantragten Zuschuss für „Kappeln ist bunt“
Von Rebecca Nordmann | 17.06.2024, 14:45 Uhr
Die Initiative „Kappeln ist bunt“ hatte bei einer Kundgebung und einer Menschenkette mit Hilfe sehr vieler Kappelner ein Zeichen für Vielfalt und Demokratie gesetzt. Jetzt beantragte sie finanzielle Unterstützung aus der Stadtkasse – und sorgte damit für ein kontroverses Thema.
Der Sozialausschuss ist nicht unbedingt dafür bekannt, besonders kontroverse Themen zu behandeln. Diskussionen finden auch in diesem Gremium statt, so gut wie nie aber ufern sie aus oder hinterlassen einen faden Beigeschmack.
Insofern war das, was bei der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses geschah, eine Premiere. Und die hatte gleich mehrere Auslöser.
Kundgebung und Menschenkette am Hafen in Kappeln
Einer davon war der Zuschussantrag der Initiative „Kappeln ist bunt“. Diese Gruppe hatte sich Anfang des Jahres zusammengefunden und vor dem Hintergrund der wachsenden Gefahr für die Demokratie seitdem drei Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Großen Zulauf erfuhren dabei die Kundgebung samt musikalischem Rahmen sowie die Menschenkette am Kappelner Hafen.
Antrag auf Zuschuss für mehr Planungssicherheit
Nach Angaben der Initiative haben die Veranstalter die damit verbundenen Kosten bislang selbst getragen. Für mehr Planungssicherheit in der Zukunft – so ist als nächstes ein Mitsing-Event vorgesehen – legten sie dem Sozialausschuss jetzt aber einen Antrag auf einen Zuschuss in Höhe von 1200 Euro vor.
Fraktionsübergreifend herrschte Einigkeit darüber, dass der Leitgedanke von „Kappeln ist bunt“ ein guter und unterstützenswerter sei – danach folgte allerdings ein fast ebenfalls fraktionsübergreifendes Aber.
So urteilte etwa Barbara Bock (SSW), dass es sich dabei um eine politische Veranstaltung handle, keine kulturelle und sie daher nicht den selbstauferlegten Zuschusskriterien des Sozialausschusses entspreche. Dieses Argument versuchte Thomas Johannsen, Fachbereichsleiter für Soziales im Rathaus, zu entkräften, indem er erklärte: „Der Zuschuss käme nicht aus dem Topf Kultur, sondern aus dem Topf Soziales.“
Spenden sammeln statt Geld aus der Stadtkasse
Frank Nickel (SPD) und Stefanie Weide (SSW) offenbarten, ebenfalls Schwierigkeiten mit dem Antrag zu haben. Nickel fand, man könne die Stadt nicht finanziell in Anspruch nehmen – „es gibt andere Wege, zum Beispiel Spenden sammeln“, sagte er. Weide nannte den Antrag „schwierig“ und die Summe „hoch“. Und Thomas Grohmann (CDU) sagte: „Wir können nicht alle guten Sachen dieser Welt unterstützen.“
Ralph Sieber erinnerte derweil an die Europawahl, während der auffallend viele Wahlplakate zerstört worden seien. „Unsere Demokratie wird gerade massiv angegriffen“, sagte Sieber. „Und hier gibt es Bürger, die sich für etwas einsetzen, das uns alle betrifft.“ Er erkannte allerdings eine mögliche formelle Erschwernis in dem Antrag, da es sich bei „Kappeln ist bunt“ nicht um einen Verein handle, den man bezuschussen könne.
Unruhe und Protest unter den anwesenden Zuhörern
Barbara Bock wiederholte schließlich ihren Gedanken, keine politische Veranstaltung fördern zu wollen. „Man stelle sich vor, hier säße die AfD und stellte einen Zuschussantrag für einen Heimatgesangsabend“, sagte sie – und löste damit Unruhe unter den anwesenden Zuhörern aus. Diese verließen danach unter hörbarem Protest („Sie sollten sich schämen.“) den Sitzungssaal.
Erinnerungen an Europawahl in Kappeln
Auffallend emotional sprach im Anschluss Bürgervorsteherin Bente Reimer (SPD), als sie erklärte, dass bei der Europawahl jeder Sechste auf Dothmark AfD gewählt habe – „das hat mich erschreckt“, bekannte sie. „Wir müssen Farbe bekennen.“
Sozialausschuss halbiert den beantragten Zuschuss
Am Ende votierte der Ausschuss mehrheitlich dafür, statt der beantragten 1200 Euro einen Zuschuss von 600 Euro zu gewähren. Ausschussvorsitzende Renate Felske (LWG) erklärte dazu: „Es ist eine geringere Summe, um den Kulturanteil der Veranstaltung zu unterstützen, aber nicht den politischen.“